Ausgebildete Musiklehrer sind rar - das Fach Musik
zu unterrichten, stellt für viele fachfremd unterrichtende
Lehrkräfte jedoch eine große Herausforderung dar. Vor
diesem Hintergrund ist es vielleicht umso verwunderlicher,
dass eine Grundschule gerade hier einen Arbeitsschwerpunkt
legt. An der Auenwaldschule hat die musik-ästhetische
Bildung eine lange Tradition und erfreut sich einer
großen Beliebtheit. Eine gewisse Handlungsfreiheit ist
Schulen derzeit bewusst gegeben, um solche Bildungsschwerpunkte
setzen zu können. Ein Handlungsrahmen, der eine gewisse
Freiheit in der Gestaltung des Unterrichts liefert,
ist die Kontingentstundentafel.
Innerhalb der Kontingentstundentafel geht das Fach
Musik im Bereich „Ästhetische und technische
Bildung, Sport“ auf. Dieser Fachbereich deckt
die Fächer Musik, Kunst, Textillehre, Technik und
Sport ab. Ihm wird insgesamt eine festgelegte Stundenanzahl
für den gesamten Bereich zugewiesen. Das hat an
einigen Schulen bisweilen zur Folge, dass ein Fach wie
Musik nur mit einer sehr geringen Stundenzahl unterrichtet
wird. Gleichzeitig aber räumt uns die Arbeit mit
der Kontingentstundentafel einen gewissen Freiraum ein,
den wir zugunsten dieses Faches gern ausnutzen. So kann
in jeder Schule individuell ein fachlicher Schwerpunkt
‒ also die Ausbildung eines Profils ‒ gelegt
werden, um eine optimale Förderung der uns anvertrauten
Schülerinnen und Schüler zu erreichen.
„Der Unterricht bietet differenzierte Wege für
ein begabungs- und interessengerechtes Lernen und ist
nicht auf eine Gleichschrittigkeit des Lernens ausgerichtet.
Eine Voraussetzung für das Gelingen der Förderorientierung
ist ein flexibler Umgang mit Lernzeit. Diese Voraussetzung
schaffen die Kontingentstundentafel und die mit ihr
verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten. Die Kontingentstundentafel
leistet damit auch einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung
des Unterrichts in Richtung auf binnendifferenziertes
Lernen in offenen Unterrichtsformen. (
) Die Kontingentstundentafel
ermöglicht ebenso die Berücksichtigung der
Gegebenheiten und des Profils der Einzelschule und stärkt
dadurch deren Eigenverantwortung.“(1)
Wir messen dem Musikunterricht an der Schule eine hohe
Bedeutung bei. Daher nutzen wir unsere Ressourcen für
einen verstärkten Musikunterricht und die Ausbildung
verschiedener musikalischer Angebote. So findet der
Regelmusikunterricht ab der Klassenstufe 1 mit
zwei Wochenstunden statt, die Grundschüler haben
die Möglichkeit, ab der zweiten Klasse am Grundschul-Chor
teilzunehmen oder im Blockflötenchor zu musizieren.
Jahrgangsübergreifend findet für die Klassenstufen
3 und 4 im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts eine Instrumental-AG
statt. Hier erhalten die Schülerinnen und Schüler
die Möglichkeit, in einer Doppelstunde am schuleigenen
Instrumentarium zu musizieren.
Grundsätzlich ist der Musikunterricht an der Auenwaldschule
von einer hohen Handlungsorientierung geprägt.
Unsere Schüler erhalten von Anfang an die Möglichkeit,
mit ihrer Stimme und dem schuleigenen, großzügig
bemessenem Instrumentarium (z.B. Stabspiele und kleines
Schlagwerk nach Orff, Boom-Whackers oder aber Instrumente,
die man nicht unbedingt in einem Musiksaal vermuten
würde) zu musizieren. Werke der sogenannten Klassischen
Musik werden im Unterricht erarbeitet. So lernen unsere
Schüler, im Rahmen von Werkbetrachtungen Formanalysen
durchzuführen, Komponisten kennen zu lernen und
Musik selbst zu erfinden und zu improvisieren. Der Umgang
mit Notenwerten und den Noten im System wird spielerisch
erarbeitet ‒ so können die Kinder bereits
in den unteren Klassen mehrstimmige Sätze spielen
oder den Chor an den Stabspielen begleiten. Auch wird
im Musikunterricht getanzt ‒ ob zu einem Menuett,
zu einem Lied aus den Charts oder zu folkloristischer
Musik: Die Bewegung zur Musik macht einfach großen
Spaß!
Was aber ist am Musikunterricht so wichtig, als dass
er eine Profilierung einer Grundschule bildet? Müsste
nicht viel eher der Deutsch oder Mathematikunterricht
verstärkt unterrichtet werden? Können sich denn Kinder
heutzutage auf so etwas Tiefgehendes wie Musik einlassen?
Oder ist nicht Musik eher etwas für besonders begabte
Kinder, nicht aber für die breite Masse?
Im Zeitalter von Pisa, Vera und Iglu werden die kognitiv
ausgeprägten Fächer an allen Schulen intensiv unterrichtet.
Auch wir messen selbstverständlich allen Fächern eine
hohe Bedeutung bei. Kinder benötigen aus unserer Sicht
jedoch neben diesen Fächern auch solche, die die Möglichkeit
geben, Anregungen aufzunehmen, Kreativität spielen zu
lassen und soziale, emotionale und ästhetische Kompetenzen
zu entwickeln.
Das ästhetische Handeln kann in Fächern wie
Kunst, Textillehre oder Musik besonders geschult werden.
Dem Kunstunterricht wird im Regelunterricht, in Arbeitsgemeinschaften,
bei der Organisation von Vernissagen und Präsentationen
ein hohes Augenmerk eingeräumt. Darüber hinaus
bedient der Musikunterricht diese Forderung in höchstem
Maße. Zu musizieren bedeutet, das Gedächtnis
in hohem Maße zu aktivieren, denn das Einstudieren
mehrstimmiger Sätze erfordert es, einen Überblick
über das zu Spielende zu haben, eine Vorstellung
vom Melodieverlauf zu haben und sich mit seinem Instrument
ins Ganze eingeben zu können. Es ist eine freudvolle
Erfahrung, mit anderen gemeinsam zu musizieren. Miteinander
zu musizieren fördert die soziale Interaktion,
die Empathie und die Bereitschaft, sich auf andere Menschen
und deren musikalisches Handeln einzulassen. Das Klassenmusizieren
erreicht jeden Schüler ‒ unabhängig
von seiner sozialen Herkunft und dem außerschulischen
Engagement der Eltern. Teil des Ganzen zu sein und das
Ergebnis voller Wertschätzung des Publikums zu
besonderen Anlässen vorzutragen, schult nahezu
nebenbei Rücksichtnahme, sicheres Auftreten und
Toleranz. Durchhaltevermögen und Ausdauer - Eigenschaften,
die gar nicht so leicht zu erlernen sind ‒ werden
während nahezu jeder Stunde des Musikunterrichts
geschult.
Der Musikunterrichtet bietet darüber hinaus in
höchstem Maße die Möglichkeit, individualisiert
zu arbeiten ‒ hier sind die Unterschiede zwischen
den Schülerinnen und Schülern oft kaum greifbar
und es gelingt wie selbstverständlich, gemeinsam
etwas Wunderschönes auf die Beine zu stellen.
Diese Überlegungen sind ausschlaggebend für ein besonderes
musikalisches Angebot für Ihre Kinder an unserer Schule.
__________
1) Kontingentstundentafel
für die Grundschule, für die Regionalschule, für die
Gemeinschaftsschule und für das Gymnasium (Sekundarstufe I). Runderlass des Ministeriums für Bildung
und Kultur vom 1. August 2011.
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