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Von Hormon-Achterbahnen und Babys ‒
Sexualerziehung mit einer Hebamme

02.04.2014
 

Ein wenig aufgeregt waren die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse schon, als auf dem Stundenplan zwei Tage Sexualerziehung standen. Frau Petersen, die eine Hebamme ist, hatte ein hochinteressantes und vielschichtiges Programm vorbereitet, um die bald in die Pubertät eintretenden Kinder auf die vor ihnen liegende aufregende Zeit vorzubereiten.

Wenn ein Kind langsam zu einem Erwachsenen heranwächst, dann verändert sich im Körper eine Menge. Die für diese Veränderung verantwortlichen Hormone schicken den heranwachsenden Körper auf abenteuerliche Achterbahnfahrten und sorgen dafür, dass plötzlich neue Haare wachsen, sich die Stimme verändert, der Körper wächst und sich in seiner Form neu ausrichtet. All diese Veränderungen können verunsichern, werfen aber auf alle Fälle viele, viele Fragen auf. Mit Bilderbüchern, informativen Filmen und jeder Menge Anschauungsmaterial wurde geschickt an das Vorwissen der Kinder angeknüpft und das Wissen über eine ganz normale Reifung des Körpers vermittelt.

Fielen bisweilen noch eher umgangssprachliche Begrifffe, so konnten die Kinder in kurzer Zeit ganz selbstverständlich und ohne Scham über das Erwachsenwerden sprechen und ihre Fragen an die Hebamme stellen. Artikel zur Monatshygiene wurden ausgepackt und ausprobiert. Hierzu hatte sich Frau Petersen etwas Besonderes einfallen lassen: Mit einer Spritze wurde schwarzer Johannisbeersaft auf eine Slipeinlage geträufelt und überprüft, ob die Flüssigkeit denn auch tatsächlich nicht auf der anderen Seite wieder hinausläuft. In einem „Pubertätsgrabbelsack“ befanden sich allerlei Utensilien, die dann aktuell werden, wenn die Kinder zu Erwachsenen heranwachsen. Große Erheiterung gab es bei den unterschiedlichen Deos für Jungen und für Mädchen oder bei der Anti-Pickel-Creme.

Der zweite Tag war dann noch deutlich aufregender: Alles drehte sich um Schwangerschaft und Geburt. Als ganz besonderer Besuch kam eine junge werdende Mutter vorbei und berichtete davon, wie es sich anfühlt, schwanger zu sein. Die Kinder wollten gern wissen, wann das Baby denn geboren werden wird. „Im August“, erzählte die werdende Mama, „ich kenne auch den errechneten Geburtstermin.“ Aber nur ganz wenige Babys werden tatsächlich an diesem Tag geboren. Welches Geschlecht das Baby denn haben werde, wollten die Kinder auch noch wissen. „Das wissen wir selber noch nicht“, verriet die werdende Mutter, „bislang konnte man das noch nicht bei den Ultraschalluntersuchungen sehen. Manche Frauen erfahren das bis zur Geburt nicht. Vielleicht erfahren wir es ja bei der nächsten Untersuchung. Ich bin gespannt!“ Eine weitere Information fanden alle Kinder sehr aufregend: Nach vier Wochen ist ein Baby im Mutterleib etwa so groß wie ein Reiskorn. Ein einzelnes Reiskorn wurde durch die Reihen gereicht. Für weitere Größenvergleiche wurde eine Kastanie und eine Limette bemüht.

Nach der Pause erwartete die Klasse noch ein Überraschungsgast. Erst 14 Tage alt und unglaublich niedlich, tief entspannt schlafend und winzig klein eroberte Jule-Marie die Herzen aller Viertklässler im Sturm. Jule-Maries Mama war das Glück über die Geburt ihrer Tochter sofort anzusehen. Die Kindergesichter wurden ganz weich, als Jule-Marie langsam durch die ganze Klasse getragen wurde. Sogar ein Erinnerungsfoto mit Baby, Kindsmutter und Hebamme durfte gemacht werden. Jule-Maries Mutter berichtete über die Schwangerschaft und die Geburt und ganz viel darüber, wie zufrieden und ruhig Jule-Marie sei.

„Schreit sie viel nachts?“, wollte eine Schülerin wissen. Jule-Maries Mama zuckte mit den Schultern und antwortete: „Eigentlich nicht ‒ sie schreit eigentlich nie viel und schläft noch bis zu 16 Stunden am Tag.“ Die Kinder achteten sorgsam darauf, dass keine Fotos mit Blitz angefertigt werden. „Das blendet Jule-Marie. Wir nehmen lieber etwas unscharfe Bilder!“, wurde ich angewiesen, als ich das Baby fotografieren wollte. Klar ‒ Ehrensache ‒ der Blitz war schon ausgeschaltet.

Anschließend wurde noch einmal über alles Erlebte gesprochen und ein Schwangerschafts- und Geburtsgrabbelsack herumgereicht. Hier fanden sich viele Gegenstände, die die Kinder zu Aussagen veranlassten, wie: „So eine Rassel hatte ich als Baby auch!“ ‒ „Meine Schwester hat auch eine solche Babybürste.“ ‒ „Zum Glück ist das eine unbenutzte Windel.“

Mit vielen Informationsmaterialien wurden die Kinder ausgestattet und wir verabschiedeten uns von den Jungs, die erst einmal eine Runde Fußball spielen gingen. Die Mädchen jedoch erhielten noch eine eigene Mädchenstunde. Hier konnten die Fragen gestellt werden, die vielleicht in Gegenwart der Jungen nicht so einfach gestellt worden wären. Die mitgebrachten Babypuppen wurden noch einmal geknuddelt und zum Abschluss gab es noch ein Mädcheninformationspäckchen.

Wir erlebten an diesen beiden Tagen hochinformative und lockere Stunden. Die Kinder wurden altersgerecht und kindgerecht über die vor ihnen liegende abenteuerliche Zeit informiert.

Die Rückmeldungen der Kinder waren durchweg positiv. Besonders punkten konnten die beiden Frauen, die vor Ort berichteten und die Filme, die auf kindgerechte Art und Weise alle wichtigen Dinge darstellten.

Vielen Dank an die Hebamme Frau Petersen, an Jule-Marie, die uns besuchende werdende Mutter und an alle, die geholfen haben, diese Tage so informativ und wertschätzend zu gestalten.

DJ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
Letzte Aktualisierung am:
26.06.2021
 
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